Auswüchse der Pubertät: Was mein lila Pixie mich gelehrt hat

„Hotter Than My Daughter“ heißt das neue RTL-Format, bei dem Guido Maria Kretzschmer erneut Mädels und Frauen zu einer optischen Veränderung behilflich ist. Nein, ich bin eigentlich kein großartiger Fan von solchen Formaten, auch wenn ich hin und wieder den Leerlauf im Gehirn mag, der sich bei „Shopping Queen“ einstellt. Mich hat die neue Sendung heute wohl auf dem richtigen Fuß erwischt, ich lag jedenfalls nicht nach 10 Minuten lachend in der Ecke. Stattdessen saß ich Kartoffeln raspelnd – wie bezeichnend – vor dem Laptop und habe mich mit den Kandidatinnen tatsächlich mitgefreut. 

Fernsehen und die „Schönheit“

Wenn mich am Anfang der Sendung so jemand anschaut, der mit über 50 extrem ausgeflippt aussieht, dann macht das was mit mir. Ich schalte vermutlich auf eine Mischung aus Mitleid, Fremdschämen und Abwärtsvergleich – vielleicht nicht immer, ich will dem Format ja auch nicht komplett auf den Leim gehen. Aber wenn Guido sich so geduldig um jede einzelne Kandidatin bemüht und verspricht, dass er ihre Vorzüge hervorheben und etwas Tolles kreieren wird, dann bin ich gespannt auf das Ergebnis.

Und ich finde, das kann sich sehen lassen. Als ich das erste Mal die ungeschminkten Augen von der einen Kandidatin gesehen habe, fand ich es richtig rührend, wie man da nicht das „Ich will auffallen und das um jeden Preis“ gesehen hat, sondern herzliche Blicke, die hinter die Fassade blicken lassen. Ebenso hat mich berührt, wie ihre Tochter sich erst verstecken wollte und nach der Veränderung geradezu gestrahlt hat. Da stand in meinen Augen eine wunderschöne Frau, so wie Gott sie sich gedacht hat!

Wie traurig und tragisch ist es, dass so viele Menschen nach Wegen suchen, um sich entweder zu verstecken oder besonders in den Vordergrund drängen zu können. Es gibt so Tage, da sehe ich auf der Straße nicht einfach nur die Menschen in ihren Hipsterklamotten, im Businessanzug oder mit Turnschuhen und Jogginghose. Ich sehe die Gesichter, die unsicher aussehen, besorgt, genervt und gestresst, wütend, verliebt, stolz. Besonders sensibel hat mich der Film „Finding Vivian Maier“ (Pressevorführung; Kinostart: 26.06.14) dafür gemacht. Die zu Lebzeiten unbekannte Fotografin hat Menschen in den unterschiedlichsten Situationen auf Fotos gebannt, mit den vielseitigen Facetten einer Gefühls- und Erlebenswelt, die sich in so einem menschlichen Gesicht abzeichnen kann.

Ich selbst habe auch schon eine lange Geschichte hinter mir, in der ich versucht habe, mich auszudrücken, zu finden und vielleicht auch zu verstellen. Wenn ich da so an die Anfänge der Pubertät denke – strubbeliger Pixie Cut, lila und Haargel ein Muss – muss ich gleichzeitig lachen, aber auch den Kopf schütteln. Als Mensch ist man auf der Suche und man sucht an sehr vielen Stellen. Wenn man an seine Grenzen gekommen ist, geht es im Umfeld weiter. Was kann mir mein Freund geben, wie macht er mich komplett? Wie kann ich meinen Traum so perfektionieren, meine Anstrengungen intensivieren, dass sie mir das geben, wonach meine Seele in den Momenten schreit, wenn all das nicht verfügbar ist? Wenn ich schlaflos im Bett liege, das Smartphone aus, nur der Mond wach ist und meine Fragen spiegelt?

Wunderbare Persönlichkeit

Einen Ausdruck für deine einzigartige und wunderbare Persönlichkeit zu finden, das kann ein Ziel deines Lebens sein. Aber ich bin überzeugt davon, dass dieser Ausdruck eine natürliche Folge davon ist, dass man seine Lebensaufgabe Tag für Tag erfüllt und Leben weitergibt. Ich muss mich nicht hervorheben, um mich zu finden. Es reicht, dass ich den, der mich gemacht hat, besser kennen lerne und mit ihm zusammen entdecke, wie ich gemeint war. So kann ich über das Bild, das ich und andere von mir haben, hinauswachsen, ohne dass es ein Krampf wird. So kann ich eine gefundene Persönlichkeit werden, die nicht nur einzigartige Klamotten, Stil und Make-Up verkörpert, sondern ihre Bestimmung mit Leben füllt, die Tag für Tag von Bedeutung ist. Und das egal, ob diese groß und schillernd erscheint oder nicht.

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